Im amerikanischen Film „drei Männer und ein Baby“ finden drei Junggesellen plötzlich ein kleines Mädchen vor ihrer WG-Tür und müssen sich um sie kümmern. Dabei geht es natürlich recht turbulent zu. Das gleichnamige Buch hingegen, das am 9. März erschienen ist, handelt von drei offiziell anerkannten schwulen Vätern in den USA, die in einer polyamourösen Beziehung leben. Die Gemeinsamkeit von Film und Buch: Turbulent sind sicherlich beide Geschichten.
Im Buch erzählt „Papa“ Dr. Ian Jenkins von dem langen Weg, bis er und seine Partner ihre kleine Piper gemeinsam adoptieren konnten. Auch, wenn das in Deutschland (noch) nicht möglich wäre, ist die Geschichte doch ein schönes Beispiel darüber, wie vielfältig liebende Familien mit Kindern aussehen können. Und dass Regenbogenfamilien den Mut haben sollten, für das eigene Glück zu kämpfen. Das ist auch heutzutage in Deutschland oft noch notwendig.
Das Familienglück der drei Dads
Dr. Ian Jenkins, Jeremy Hodges und Dr. Alan Mayfield aus Kalifornien leben seit mittlerweile acht Jahren in einer Beziehung zu dritt. Ian und Alan waren schon seit neun Jahren ein Paar, als sie Jeremy kennenlernten und sich beide in ihn verliebten. Das „Couple“ wurde zum „Throuple“, wie sie sich selbst nennen. Doch etwas fehlte noch zu ihrem Glück: Eine Familie mit eigenen Kindern zu werden.
Auf dem Weg dahin halfen ihnen viele Frauen, zu denen sie auch heute noch Kontakt haben: Die gemeinsame Freundin Meghan spendete die Eizelle, Jeremy spendete seinen Samen und eine Leihmutter brachte dann 2017 die kleine Piper zur Welt. Knapp zwei Jahre später kam ihr jüngerer Bruder Parker auf die Welt. Er hat dieselbe Mutter, doch Alan ist sein biologischer Vater. Auch trug eine andere Leihmutter das Kind aus.
Die Adoption und der lange Weg durch die Gerichte
Piper wurde zum ersten Kind, das offiziell drei Väter hat. Seit 2017 stehen alle drei Namen auf ihrer Geburtsurkunde. Und Parker kann sich nun immerhin als das zweite Kind mit drei Papas rühmen. Für die Kinder ist Alan "Dada", Ian ist der „Papa“ und Jeremy der „Daddy“.
Nur, wie war das rechtlich möglich? Über eine Adoption. In Kalifornien ist es erlaubt, dass drei Personen gemeinsam ein Kind adoptieren. Das passiert allerdings sehr selten – und drei Väter hatte es zuvor noch nie gegeben.
Deswegen war der Weg bis zur Adoption anstrengend und teuer, wie Ian in seinem frisch erschienenen Buch erzählt. Sie brauchten ein ganzes Team von Anwälten, mit denen sie vor mehreren Gerichten um die Anerkennung der Vaterschaft kämpften. Am Ende gab ihnen eine kalifornische Richterin Recht und erteilte ihnen die sogenannte Abstammungserklärung, in der die rechtlichen Eltern festgelegt werden. Damit konnte Pipers Geburtsurkunde um die Namen ihrer nicht biologischen Väter ergänzt werden.
Das war den drei Vätern nicht nur aus emotionalen, sondern auch aus praktischen Gründen wichtig: Schließlich wollen Sie alle die Kinder zum Arzt bringen oder mit ihnen verreisen können. Auch, wenn sie sich einmal trennen oder einem Papa etwas zustoßen sollte, hätten die beiden anderen Väter immer noch das Sorgerecht für das Kind. Und wenn es später einmal darum geht, wer das Erbe bekommt, sollten die Kinder nicht leer ausgehen.
So sieht der Alltag in der Familie aus
Und wie läuft es so im Alltag der Familie? Davon erzählt Ian in seinem Buch – und ein wenig davon auch schon in den Medien. Aus einem Interview mit der Schweizer Illustrierte erfahren wir: Auch Meghan, die biologische Mutter der Kinder, kommt immer mal wieder für einige Zeit zu Besuch. Wer Meghan und ihre Leihmütter sind, wissen die Kinder genau – und auch, dass sie sie sehr lieb haben. Wegen Corona sehen die Kinder derzeit nur Meghan, zu den Leihmüttern halten sie elektronischen Kontakt. Der Vorteil dieser alles andere als klischeehaften Familiensituation: Die Kinder würden nie auf die Idee kommen, dass es im Haushalt männliche und weibliche Aufgaben gibt, da ja schließlich die Männer alles übernehmen.
Hier erfahren Sie mehr über das Leben der drei Väter:
- Instagram: @three_dads_and_a_baby
- Buch "Three Dads and a Baby: Adventures in Modern Parenting" (Drei Väter und ein Baby: Abenteuer der modernen Elternschaft), von Dr. Ian Jenkins. Am 9. März 2021 ist es auf Englisch in den USA erschienen.
20 Jahre ist die Verkündung des Lebenspartnerschaftsgesetzes her. Dieses Gesetz sollte die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare beenden. Anlässlich dieses Jubiläums und der inspirierenden Geschichte aus den USA stellt sich die Frage. Wie sieht die rechtliche Situation für Regenbogenfamilien in Deutschland heute aus?
1. Leihmutterschaft
In Deutschland wäre eine solche Familiengeschichte schon deshalb nicht möglich gewesen, weil hierzulande die Leihmutterschaft – anders als in den USA – verboten ist. Viele Paare weichen auf eine Leihmutterschaft im Ausland aus. Allerdings ist die Anerkennung der Elternschaft kompliziert und häufig mit rechtlichen Schwierigkeiten verbunden. Dazu gibt es unterschiedliche Gerichtsentscheidungen in verschiedenen Einzelfällen. Hier zwei Beispiele:
In einem vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall war es möglich, dass Väter rechtliche Eltern eines von einer Leihmutter geborenen Kindes wurden. Sie konnten eine kalifornische gerichtliche Entscheidung vorlegen, die die Elternschaft beider Väter anerkannte, obwohl nur einer der biologische Vater war (Beschluss vom 10.12.2014, Az. XI I ZB 463/13). Auf diesem Weg können also auch schwule Väter ohne Adoptionsverfahren Eltern ihres von einer Leihmutter geborenen Kindes werden.
Anders sah das hingegen aus, als ein heterosexuelles Ehepaar ein von einer Leihmutter in der Ukraine geborenes Kind nach der Geburt direkt nach Deutschland brachte. Sie hatten zwar eine Bescheinigung des dortigen Standesamtes, aber keine gerichtliche Entscheidung. Hier sagte der BGH, es gelte deutsches Abstammungsrecht (Beschluss vom 20.03.2019, Az. XII ZB 530/17). Und das bedeutet: Biologische Mutter ist die Leihmutter, weil sie das Kind geboren hat. War sie verheiratet, gilt der Ehemann so lange als Vater (§ 1591 Nr. 1 BGB), bis der biologische Vater die Vaterschaft des Ehemannes erfolgreich angefochten hat. Ist sie nicht verheiratet, kann der biologische Vater seine Vaterschaft anerkennen (§ 1594 Abs. 2 BGB). Für seinen Partner bleibt dann nur noch der Weg über die Adoption.
2. Adoption
Ist ein Elternteil der biologische Vater oder die Mutter des Kindes, gibt es die Möglichkeit der Stiefkindadoption. Dabei adoptiert der Partner oder die Partnerin das leibliche Kind des oder der anderen. Häufig stammen die Kinder aus einer früheren Beziehung, einer Samenspende oder eben von einer Leihmutter im Ausland. Dann muss aber der andere Elternteil der Adoption zustimmen.
Dieses Adoptivverfahren kann bis zu zwei Jahre in Anspruch nehmen. Denn es startet meist erst etwa ein Jahr nach der Geburt des Kindes, weil vorher nicht festgestellt werden kann, ob eine Bindung besteht. Das Jugendamt prüft dann unter anderem die Vermögenssituation und den Gesundheitszustand des Adoptiv-Elternteils. Außerdem müssen zahlreiche Nachweise erbracht werden.
Erst seit 2017 hat in Deutschland die „Ehe für alle“ endlich dazu geführt, dass gleichgeschlechtliche Paare gemeinsam Kinder adoptieren können, die nicht ihre eigenen biologischen Kinder sind. Zuvor war das nur über die Sukzessivadoption möglich. Die Sukzessivadoption bedeutet, dass ein Partner das bereits zuvor adoptierte Kind des anderen annimmt.
Doch drei Eltern – so weit ist der deutsche Gesetzgeber noch nicht. Derzeit will die Politik weiterhin an dem Prinzip von zwei Elternteilen festhalten. Dabei könnte das eine gute Lösung für viele Familien sein. Schließlich haben Kinder in Patchwork- und in Regenbogenfamilien oftmals mehr als nur zwei Elternteile und empfinden das als eine Bereicherung.
3. Lesbische Mütter kämpfen für ihr Recht auf Elternschaft
Es gibt außerdem noch weitere rechtliche Hürden zu nehmen bei der völligen Gleichstellung homosexueller gegenüber heterosexuellen Ehepaaren:
Das zeigt sich besonders, wenn sich zwei Mütter gemeinsam für ein Kind entscheiden. Bislang läuft für sie der einzige Weg, gemeinsam Eltern zu werden, über die Stiefkindadoption. Das Recht behandelt dabei die zweite Mutter wie eine völlig fremde Person. Sie erhält keine Auskünfte von Lehrkräften oder Ärzten und Ärztinnen über das eigene Kind. Und stößt der leiblichen Mutter etwas zu, bevor das Adoptionsverfahren durchlaufen wurde, wird das Kind zur Vollwaise.
Anders läuft es, wenn heterosexuelle Ehepaare sich dafür entscheiden, mittels Samenspende ein Kind zu zeugen: Der Ehemann wird automatisch als Vater anerkannt – auch, wenn er nachweislich nicht der biologische Vater ist. In § 1592 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) steht, dass Vater eines Kindes der Mann ist, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Hier kommt es also allein auf die Ehe und nicht auf die tatsächliche biologische Verwandtschaft an. Und ist das Paar nicht verheiratet, reicht es, wenn der Partner das Kind anerkennt, § 1592 Nr. 2 BGB.
Diese Optionen werden Frauen in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung bislang verwehrt. In der Politik gibt es immer wieder Reformanstöße für die Regelung des Abstammungsrechts, um diese Ungleichbehandlung zu ändern. Bislang waren sie erfolglos. Ein Gesetzesentwurf des Bundesjustizministeriums, in dem die Mutterschaft neu definiert werden sollte, liegt derzeit auf Eis. Die Koalitionsparteien konnten keine Einigung erzielen. Das Thema soll erst nach der Bundestagswahl im September 2021 wieder eine Chance bekommen, hieß es Medienberichten zufolge aus dem Bundesjustizministerium.
Außerdem kämpfen bereits mehrere Frauen mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) für eine gesetzliche Änderung. Sie klagen sich gerade durch die Instanzen – mit dem Ziel, dass einer der Fälle letztlich vor dem Bundesverfassungsgericht landet. Denn sie sehen in dem Gesetz eine Diskriminierung wegen des Geschlechts – was Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes (GG) verbietet. Außerdem verstößt die fehlende Anerkennung der zweiten Mutter ihrer Meinung nach gegen die Grundrechte auf besonderen Schutz von Ehe und Familie und auf elterliche Pflege und Erziehung aus Artikel 6 GG. Das Bundesverfassungsgericht kann den Bundestag verpflichten, das Abstammungsrecht zu reformieren.
Ausblick
20 Jahre ist die Verkündung des Lebenspartnerschaftsgesetzes nun her. Bis zur völligen rechtlichen Gleichstellung von Regenbogenfamilien ist es jedoch noch ein langer Weg. Doch es ist einer, für den es sich lohnt, zu kämpfen. Deswegen hat Autor Ian Jenkins auch das Buch geschrieben. Es ist ihm wichtig, zu zeigen, dass sie eine ehrliche, liebevolle und total normale Familie sind, auch wenn sie als Throuple leben. Denn Dinge ändern sich nicht, wenn niemand öffentlich über sie spricht. Und in der australischen "Morning Show" Sendung nennt er seine Definition von einer Familie: „Wir möchten, dass alle wissen, dass Liebe eine Familie ausmacht.“ Auch, wenn Familien unterschiedlich aussehen mögen.