Welche Möglichkeiten gibt es, Ihren Lebenspartnerschaftsvertrag zu beanstanden?
Sind Sie der Meinung, dass Ihr Lebenspartnerschaftsvertrag unter unfairen Bedingungen zustande gekommen ist und / oder Ihre Interessen nicht angemessen berücksichtigt wurden, stehen Ihnen wenigstens zwei Optionen zur Verfügung.
Wurden Sie unter Androhung von Gewalt oder finanziellen Nachteilen oder durch arglistige Täuschung veranlasst, den Lebenspartnerschaftsvertrag zu unterzeichnen, kommt eine Anfechtung nach den Anfechtungsregeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Betracht. Können Sie einen Anfechtungsgrund nachweisen, kann das Gericht den Lebenspartnerschaftsvertrag für unwirksam erklären. Dann gelten die Standardregeln des Eherechts des BGB bzw. des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG).
Option 2: Richterliche Inhalts- und Ausübungskontrolle aus Anlass der Aufhebung
Liegen keine im Gesetz definierten Anfechtungsgründe vor (arglistige Täuschung, Drohung, Gewalt), besteht die Möglichkeit, dass Sie den Lebenspartnerschaftsvertrag aus Anlass der Aufhebung Ihrer eingetragenen Lebenspartnerschaft durch das Familiengericht einer richterlichen Inhalts- und Ausübungskontrolle unterziehen lassen. Das Familienrecht prüft dann, ob der Lebenspartnerschaftsvertrag Ihre Interessen in angemessener Weise berücksichtigt. Ist dies nicht der Fall, kann das Gericht den Vertrag für sittenwidrig und damit für rechtlich unwirksam erklären. Ihre Lebenspartnerschaft richtet sich dann nach den Standardregeln des Eherechts des BGB bzw. des LPartG.
Nur die notarielle Beurkundung ist rechtsverbindlich
Ehe- und Lebenspartnerschaftsverträge sind im Regelfall nur rechtsverbindlich, wenn diese notariell beurkundet wurden. Dies gilt vornehmlich dann, wenn Sie darin finanzielle Aspekte Ihrer Lebenspartnerschaft oder eventuelle Modalitäten für den Fall der Aufhebung Ihrer Lebenspartnerschaft geregelt haben. Haben Sie einen Vertrag notariell beurkundet, ist er unbefristet gültig. Jedenfalls zumindest solange, bis Sie den Partnerschaftsvertrag erfolgreich angefochten haben oder ein Familiengericht den Vertrag aus Anlass der Aufhebung Ihrer Partnerschaft für ungültig erklärt hat.
Haben Sie Ihren Lebenspartnerschaftsvertrag lediglich mündlich verabredet oder privatschriftlich zu Papier gebracht, ist diese Absprache im Regelfall rechtlich nicht verbindlich. Sie können eine derartig dokumentierte Vereinbarung jederzeit für hinfällig erklären, indem Sie die Vereinbarung widerrufen, anfechten oder davon zurücktreten. Da die Vereinbarung ohnehin keine rechtliche Wirkung hat, kommt es nicht darauf an, in welcher Form Sie davon Abstand nehmen. Allein mit der Tatsache, dass Sie die Vereinbarung als hinfällig betrachten, schaffen Sie Fakten. Möchten Sie oder Ihr Ex-Partner oder Ihre Ex-Partnerin daraus Konsequenzen ziehen, werden Sie sich aller Wahrscheinlichkeit nach gerichtlich auseinandersetzen müssen.
Wie sind Ihre Chancen, wenn Sie Ihren Lebenspartnerschaftsvertrag anfechten wollen?
Haben Sie Ihren Lebenspartnerschaftsvertrag nach anwaltlicher Beratung notariell beurkundet, müssen Sie zunächst davon ausgehen, dass die Vereinbarung rechtlich verbindlich ist. Schließlich wurden Sie juristisch beraten und sollten darauf vertrauen dürfen, dass die Vereinbarung die Interessen beider Lebenspartner angemessen berücksichtigt. Wie immer gibt es auch von dieser Regel Ausnahmen. Der Gesetzgeber hat im Bürgerlichen Gesetzbuch bestimmte Ansätze definiert, nach denen Sie Verträge jedweder Art, also auch Ihren Lebenspartnerschaftsvertrag, gegebenenfalls anfechten können.
Anfechtung, Rücktritt und Widerruf
Anfechtung, Rücktritt und Widerruf sind unterschiedliche Rechtsbegriffe, die jeweils eine eigenständige Bedeutung haben. Ein Widerruf oder ein Rücktritt vom Lebenspartnerschaftsvertrag ist nicht möglich. Rechtlich kommt nur die Anfechtung in Betracht. Es geht also sprachlich und rechtlich immer um die Anfechtung. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt die Details der Anfechtungsmodalitäten in §§ 119 ff BGB.
Welche Gründe gibt es, einen Lebenspartnerschaftsvertrag anzufechten?
Das BGB sieht verschiedene gesetzliche Gründe vor, aus denen ein Lebenspartnerschaftsvertrag – so wie jeder andere Vertrag – angefochten werden kann:
Haben Sie den Lebenspartnerschaftsvertrag unterzeichnet, weil der Partner oder die Partnerin massiv mit irgendwelchen Nachteilen oder gar mit Gewalt gedroht hat, könnten Sie die Vereinbarung wegen Drohung anfechten (§ 123 Abs. I BGB).
Was, wenn die Drohung „rechtmäßig“ erscheint?
Haben Sie den Lebenspartnerschaftsvertrag unterzeichnet, weil Sie Ihr Einkommen nicht vollständig versteuert haben und der Partner oder die Partnerin mit einer Anzeige beim Finanzamt gedroht hat, könnten Sie die Vereinbarung anfechten. Auch wenn die Drohung an sich legitim erscheint, kann sich aus der Mittel-Zweck-Relation ergeben, dass die Drohung rechtswidrig ist. Dabei wird darauf abgestellt, ob derjenige, der droht, an dem verfolgten Zweck ein berechtigtes Interesse hat und das eingesetzte Mittel noch als angemessen zu betrachten ist, um den verfolgten Zweck zu erreichen. Hier kommt es im Wesentlichen auf die Umstände an.
Anfechtung wegen arglistiger Täuschung
Ein Anfechtungsgrund kann sich daraus ergeben, dass Sie sich von ihrem Partner oder ihrer Partnerin arglistig getäuscht fühlen (§ 123 BGB). Sie müssen also vorsätzlich und in böser Absicht getäuscht worden sein.
Zugewinnausgleich
Sie haben in Ihrem Lebenspartnerschaftsvertrag für den Fall der Aufhebung Ihrer Partnerschaft den Zugewinnausgleich geregelt. Dabei haben Sie der Erklärung Ihres Ex-Partners vertraut, dass sein/ihr Anfangsvermögen einen hohen Wert X hat. Tatsächlich ist der Wert aber wesentlich geringer. Kommt es dann aus Anlass der Aufhebung Ihrer Partnerschaft zum Zugewinnausgleich, würde der Zugewinn des Partners im Hinblick auf das zu hoch angesetzte Anfangsvermögen wesentlich geringer ausfallen, als wenn das Anfangsvermögen korrekt und wahrheitsgemäß mit dem niedrigeren Wert bewertet worden wäre.
Beachten Sie die Anfechtungsfrist
Sie können die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder rechtswidriger Drohung nur innerhalb einer Frist von einem Jahr erklären (§ 124 BGB). Die Frist beginnt bei der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in dem Sie die Täuschung erkennen, und bei der rechtswidrigen Drohung in dem Zeitpunkt, in dem Ihre Zwangslage endet. Befinden Sie sich in einer derartigen Situation, sollten Sie sich umgehend juristisch beraten lassen, damit Sie schnellstmöglich die richtigen Schritte in die Wege leiten.
Anfechtung wegen Inhalts- und Erklärungsirrtum
Sie könnten versuchen, den Partnerschaftsvertrag anzufechten, wenn Sie bei der Abgabe Ihrer Erklärung über deren Inhalt im Irrtum waren oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollten (§ 119 BGB). Diese Option dürfte bei einem notariell beurkundeten Partnerschaftsvertrag kaum in Betracht kommt. Sie wurden rechtlich informiert und belehrt und hätten wissen müssen, was Sie erklärt haben. Es wird also als Anfechtungsgrund nicht ausreichen, wenn Sie erklären, dass Sie die Informationen und Belehrungen nicht verstanden und erst jetzt die Tragweite Ihrer Erklärung erfasst haben.
Sollte unter diesen Gegebenheiten doch eine Anfechtung in Betracht kommen, müssen Sie die Anfechtungsfrist beachten. Die Anfechtungsfrist beginnt, wenn Sie von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt haben. Dann müssen Sie die Anfechtung ohne schuldhaftes Zögern, also unverzüglich, erklären (§ 121 BGB).
Wann kann das Familiengericht den Lebenspartnerschaftsvertrag für sittenwidrig erklären?
Kommen keine Anfechtungsgründe in Betracht, besteht eine weitere Option darin, dass Sie Ihren Lebenspartnerschaftsvertrag aus Anlass der Aufhebung Ihrer eingetragenen Lebenspartnerschaft durch das Familiengericht einer gerichtlichen Überprüfung unterziehen. Kommt das Gericht zum Ergebnis, dass Sie durch einzelne Regelungen in Ihrem Lebenspartnerschaftsvertrag unangemessen benachteiligt werden, kann das Gericht den Vertrag für sittenwidrig und damit für unwirksam erklären.
Ausgangspunkt ist, dass vertragliche Regelungen zur Regelung der Lebenspartnerschaft grundsätzlich der vertraglichen Gestaltungsmöglichkeit der Lebenspartner unterliegen. Sie können deshalb in eigener Verantwortung über die Aufgabenverteilung in Ihrer Lebensgemeinschaft entscheiden. Diese Vertragsfreiheit entspricht dem Bedürfnis, die Folgen einer Aufhebung dem jeweils gelebten Bild anzupassen, das Sie von Ihrer Lebenspartnerschaft haben. Allerdings betont die Rechtsprechung, dass diese Vertragsfreiheit nicht dazu führen darf, den Schutzzweck gesetzlicher Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig zu unterlaufen. Lebenspartnerschaftsverträge sind genauso wie Eheverträge auch deshalb sittenwidrig und unwirksam, wenn diese:
- zu einer evident einseitigen Lastenverteilung innerhalb der Lebenspartnerschaft führen,
- diese Lastenverteilung durch die individuelle Gestaltung der partnerschaftlichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigt ist und
- es dem dadurch belasteten Lebenspartner bei verständiger Würdigung des Wesens der Lebenspartnerschaft nicht zuzumuten ist, eine derartige Vereinbarung akzeptieren zu müssen.
Unter diesen Voraussetzungen wird das Familiengericht also Ihren Lebenspartnerschaftsvertrag überprüfen. Im Kern geht es darum, dass jeder Lebenspartner in der Lage gewesen sein muss, die Vereinbarung mitzugestalten. Wurde Ihnen die Vereinbarung jedoch einseitig vom Partner diktiert, wurden Sie wahrscheinlich nicht angemessen beteiligt.
Beispiel 1: Ein Partner ist Unternehmensinhaber/in
Führen Sie eine Unternehmerpartnerschaft, dürfte es ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft gewesen sein, einen Lebenspartnerschaftsvertrag abzuschließen. Zumindest in früheren Verträgen vereinbarten die Partner vielfach, dass der geschiedene Partner auf Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich und Ehegattenunterhalt verzichtet, ohne dass dafür eine entsprechende Gegenleistung vereinbart wurde. Die Rechtsprechung hat solche pauschal formulierten Verträge regelmäßig als sittenwidrig und nichtig bewertet. Vielmehr müsse Ziel sein, vertragliche Regelungen zu treffen, die Ausdruck und Ergebnis einer gleichberechtigten Lebenspartnerschaft sind. Solche Regelungen dürfen daher den Schutzzweck der gesetzlichen Regelung nicht beliebig unterlaufen. Vereinbarungen überschreiten daher die Grenze zur Sittenwidrigkeit, wenn die Lastenverteilung offensichtlich einseitig ist und für den belasteten Partner unzumutbar erscheint.
Welche Unterhaltsarten gibt es bei der Lebenspartnerschaft?
Informieren Sie sich über den Trennungs- und nachpartnerschaftlichen Unterhalt.
Beispiel 2: Sittenwidrige Vereinbarung
Das OLG Hamm (Urteil v. 11. April 2013, Az. 4 UF 232/12) erklärte eine ehevertragliche Vereinbarung für nichtig. Darin hat eine 22 Jahre alte Verkäuferin eine Vereinbarung unterschrieben, die ihr der Ehegatte, ein 48 Jahre alter Ingenieur, aufgezwungen hat. Das Gericht stellte klar, dass eine Vereinbarung sittenwidrig ist, wenn ein Partner unterdrückt, massiv beeinträchtigt oder gezwungen wird oder intellektuell deutlich unterlegen gewesen sei und keine andere Option hatte, als die Vereinbarung zu unterzeichnen. Vor allem dann, wenn es einen „dominierenden“ und einen „unterdrückten“ Partner gebe oder sich einer der Partner in intellektueller Unterlegenheit befinde, müsse eine derartige Vereinbarung kritisch betrachtet und gegebenenfalls für sittenwidrig erklärt werden.
Beispiel 3: Gütertrennung
In Ehe- und Lebenspartnerschaftsverträgen wird gerne der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausgeschlossen und stattdessen Gütertrennung vereinbart. Um eine unangemessene Benachteiligung des Lebenspartners vorzubeugen, empfiehlt es sich, in diesen Fällen den Verzicht auf Zugewinnausgleich auszugleichen, indem sich der Partner beispielsweise zu einer Unterhaltsabfindung oder zur Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung verpflichtet. Ein genereller Ausschluss des Zugewinns ist riskant und führt oft dazu, dass die im Vertrag vereinbarte pauschale Gütertrennung unwirksam ist. Sollte also der Zugewinnausgleichsanspruch nicht passend zur jeweiligen Lebenssituation der Lebenspartner modifiziert worden sein, sind die Aussichten gut, dass das Familiengericht den Partnerschaftsvertrag aus Anlass der Aufhebung der Partnerschaft mindestens kritisch bewertet und möglicherweise für unwirksam erklärt.
Beispiel 4: Versorgungsausgleich
Sie können in einem Lebenspartnerschaftsvertrag auch Regelungen im Hinblick auf den Versorgungsausgleich treffen. Beim Versorgungsausgleich geht es darum, dass die in der Lebenspartnerschaft erworbenen Anwartschaften auf Altersversorgung auszugleichen sind. Konkret können Sie den Versorgungsausgleich, der aus Anlass der Aufhebung Ihrer Lebenspartnerschaft im Regelfall von Amts wegen durchgeführt wird, ausschließen oder modifizieren. Führen Sie eine Lebenspartnerschaft, in der ein Lebenspartner allein das Geld verdient und der andere sich unter Aufgabe der eigenen Erwerbstätigkeit um die gemeinsamen Kinder und/oder den Haushalt kümmern, stellt es eine erhebliche Belastung des Partners dar, wenn er oder sie auf die gesetzlich vorgesehene Teilhabe an den in der Lebenspartnerschaft erworbenen Versorgungsrechten verzichtet. Wenn also ein derartiger Verzicht vereinbart sein sollte, muss an anderer Stelle irgendein finanzieller Ausgleich getroffen worden sein. Ansonsten wird das Familiengericht eine derartige Vereinbarung mit hoher Wahrscheinlichkeit beanstanden.
Was muss ich zum Versorgungsausgleich wissen?
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