Unter welchen Voraussetzungen haben Sie einen Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente?
Stirbt Ihr Lebenspartner oder Ihre Lebenspartnerin und besteht eine eingetragene Lebenspartnerschaft, haben Sie Anspruch auf einen Teil der gesetzlichen Rente des Partners. Sie erhalten dann eine Witwen- oder Witwerrente (§ 46 SGB VI). Voraussetzung dafür ist, dass der verstorbene Partner mindestens fünf Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat (§ 50 SGB VI). Gleiches gilt, wenn Sie Ihre eingetragene Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt haben.
Die Wartezeit von fünf Jahren entfällt, wenn Ihr Lebenspartner oder Ihre Lebenspartnerin beispielsweise schon eine Rente bezogen hat oder durch einen Arbeitsunfall ums Leben gekommen ist.
Wichtig ist, dass Sie zunächst einen Antrag stellen müssen, um die Witwen- oder Witwerrente zu erhalten. Diesen finden Sie z.B. auf der Webseite der Rentenversicherung.
Witwenrente bei kurzer Ehe
Ihre Ehe oder eingetragene Partnerschaft muss mindestens ein Jahr bestanden haben (§ 46 Abs. IIa SGB VI). Der Gesetzgeber will damit verhindern, dass Sie im Angesicht des bevorstehenden Todes eines Partners noch schnell heiraten, um dem überlebenden Partner die Hinterbliebenenrente zu sichern. Sie begründen dann eine „Versorgungsehe“.
Diese Einschränkung gilt nicht, wenn der Partner plötzlich und unvorhergesehen, beispielsweise infolge eines Unfalls, verstirbt. Auch eine lebensbedrohliche, überraschend auftretende Erkrankung kann einen Ausnahmefall darstellen, allerdings nicht, wenn der überlebende Partner bei der Heirat bereits von der lebensbedrohlichen Erkrankung des Partners wusste (Hessisches Landessozialgericht Az. L 5 R 51/17). Ob es sich um eine solche Versorgungsehe handelt, lässt sich immer nur anhand der Umstände im Einzelfall beurteilen.
Die verschiedenen Formen der Witwen- bzw. Witwerrente
In den ersten 3 Monaten nach dem Tod des Lebenspartners erhalten Sie die Witwen- oder Witwerrente in voller Höhe des Rentenanspruchs Ihres verstorbenen Lebenspartners (auch „Sterbevierteljahr“ genannt). Auch Ihr eigenes Einkommen wird in dieser Zeit nicht angerechnet. Diese Leistung soll dazu dienen, dass der überlebende Partner sich auf die veränderten Lebensverhältnisse einstellen kann.
So bekommen Sie einen Vorschuss
Der überlebende Partner kann bei der Rentenkasse beantragen, den Betrag für das Sterbevierteljahr als Vorschuss in einer einzigen Summe auszuzahlen. Der Antrag kann bei jeder Postfiliale gestellt werden, muss allerdings innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach dem Todesfall erfolgen. Wird die Frist versäumt, kann sich der überlebende Partner die Leistung lediglich Monat für Monat auszahlen lassen.
Für die Zeit danach gibt es die kleine und die große Witwen- bzw. Witwerrente. Beide Formen unterscheiden sich sowohl in den Voraussetzungen als auch in den Folgen:
- Die kleine Witwen- bzw. Witwerrente erhalten Sie, wenn Sie jünger als 47 Jahre sind und keine besonderen Umstände vorliegen. Dann haben Sie einen Anspruch auf grundsätzlich 25 % der Rente, die Ihr Lebenspartner zum Zeitpunkt seines Todes bezogen hat oder hätte. Die kleine Witwen- bzw. Witwerrente wird maximal 2 Jahre nach dem Tod des Lebenspartners gezahlt.
- Die große Witwen- bzw. Witwerrente gilt für Menschen, die mindestens 45 Jahre und 10 Monate alt sind (das Mindestalter wird bis 2029 auf 47 Jahre steigen), erwerbsgemindert sind oder ein minderjähriges Kind erziehen. Ist das Kind behindert und kann seinen eigenen Lebensunterhalt nicht bestreiten, gilt diese Altersgrenze nicht. Die große Witwen- oder Witwerrente beträgt grundsätzlich 55 Prozent der Rente, die Ihr Lebenspartner zum Zeitpunkt des Todes bezogen hat oder hätte. Die große Witwenrente ist prinzipiell nicht zeitlich begrenzt.
Ihre Einkünfte werden allerdings grundsätzlich auf die Hinterbliebenenrente angerechnet.
Ab welchem Zeitpunkt besteht Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente?
Erhielt Ihr verstorbener Lebenspartner bereits eine eigene Rente, beginnt die Witwen- bzw. Witwerrente frühestens mit dem Monat, der auf den Sterbemonat folgt. Bekam Ihr verstorbener Lebenspartner noch keine eigene Rente, beginnt Ihre Witwen- bzw. Witwerrente bereits mit dem Todestag.
Was ist mit Ihrer Witwen- oder Witwerrente, wenn Sie nach dem Tod Ihres Partners wieder heiraten?
Ihr Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente besteht so lange, bis Sie wieder heiraten. Nach der gesetzlichen Regelung endet der Anspruch sowohl auf die kleine als auch die große Witwen- oder Witwerrente in dem Augenblick, in dem Sie erneut heiraten. Sie verlieren jeglichen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente. Sie sind gesetzlich dazu verpflichtet, Ihrem Rentenversicherungsträger die neue Eheschließung umgehend mitzuteilen. Sie erhalten Ihre Hinterbliebenenrente nur noch für den laufenden Monat.
Beziehen sowohl Sie als auch Ihr Lebenspartner oder Ihre Lebenspartnerin eine Hinterbliebenenrente, erlöschen mit Ihrer Eheschließung ebenfalls beide Ansprüche auf die Hinterbliebenenversorgung (§ 46 SGB VI).
Daran ändert auch die Erwägung nichts, mit der der Gesetzgeber die Hinterbliebenenrente begründet. Nach dem Tod eines Partners soll der überlebende Partner finanziell einigermaßen abgesichert sein. Beziehen nun beide Lebenspartner eine Hinterbliebenenrente und erlischt der Rentenanspruch beider Partner wegen der Eheschließung, geraten möglicherweise beide Lebenspartner in finanzielle Schwierigkeiten. Mit der Eheschließung geht der Gesetzgeber eigentlich davon aus, dass ein Partner seine Hinterbliebenenrente zwar verliert, der neue Partner aber durch die Eheschließung unterhaltspflichtig ist und den anderen unterstützt. Da das Gesetz diese Situation aber nicht aufgreift, bleibt es bei der grundsätzlichen Regelung. Ihr Rentenanspruch erlischt mit Ihrer Wiederheirat.
Geht Ihre neue Ehe in die Brüche oder verstirbt Ihr neuer Partner, kann Ihr Anspruch auf eine frühere Witwen- oder Witwerrente aus erster Ehe oder Lebenspartnerschaft aber wieder aufleben. Sie müssen dazu einen neuen Rentenantrag stellen. Soweit Sie aus der zweiten Ehe eine Hinterbliebenenrente beziehen, wird diese Rente allerdings auf Ihren früheren Rentenanspruch angerechnet. Ob Sie die kleine oder große Witwen- oder Witwerrente beantragen können, hängt davon ab, welche Voraussetzungen Sie erfüllen.
Anspruch auf eine Rentenabfindung
Stehen Sie vor der Eheschließung, haben Sie die Wahl. Sie könnten unverheiratet miteinander leben. Solange Sie einander nicht heiraten, bleibt Ihr Anspruch als auch der Anspruch Ihres Partners auf eine Hinterbliebenenrente bestehen.
Entschließen Sie sich jedoch, den Partner oder die Partnerin zu heiraten, haben Sie immerhin Anspruch auf eine Rentenabfindung. Der Gesetzgeber versteht diese Abfindung als eine Art „Starthilfe“ in Ihre neue Ehe. Die Rentenabfindung wird in einem einmaligen Betrag ausbezahlt.
Sie können die Rentenabfindung beim Rentenversicherungsträger unter Angabe der Versicherungsnummer Ihres verstorbenen Partners oder Ihrer verstorbenen Partnerin mit einem formlosen Schreiben beantragen. Außerdem müssen Sie Ihre Heiratsurkunde vorlegen.
Mit der Rentenabfindung erhalten Sie grundsätzlich zwei Jahresbeträge der Witwen- oder Witwerrente. Bei der kleinen Witwen- oder Witwerrente wird Ihnen der noch nicht verbrauchte Restbetrag bis zum Ende der Laufzeit der Rente ausgezahlt. Soweit Sie noch eine Rente nach dem vorletzten Ehepartner oder Lebenspartner oder eine Erziehungsrente erhalten, können Sie keine solche Rentenabfindung beanspruchen.
Wie steht es um die Witwen- und Witwerrente bei einer privaten Rentenversicherung?
Sind Sie in einer vor dem Jahr 2001 abgeschlossenen privaten Rentenversicherungspolice Ihres Lebenspartners oder Ihrer Lebenspartnerin als bezugsberechtigte Person bezeichnet, haben Sie dem Grundsatz nach auch Anspruch auf eine Witwen- und Witwerrente. Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 26.4.2017, Az. IV ZR 126/16) hatte einen solchen Anspruch bejaht, allerdings unter der Einschränkung, dass auch die Interessen des Versicherers zu berücksichtigen sind.
In dem Fall ging es darum, dass ein Mann im Jahr 1991 bei einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit eine Rentenversicherung abgeschlossen hatte. Seine damalige Ehefrau war als bezugsberechtigte Person benannt. Im Jahr 2001 ging der Mann dann eine eingetragene Lebenspartnerschaft mit einem anderen Mann ein und benannte diesen im Jahr 2013 als bezugsberechtigten Hinterbliebenen. Als der Mann verstarb, lehnte der Versicherer es ab, dem überlebenden Partner eine Witwerrente zu zahlen. Der Versicherer begründete die Ablehnung damit, dass im Vertrag Leistungen an „sonstige Hinterbliebene“ nicht vorgesehen seien. Zwar verstoße diese Regelung laut BGH gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber gleichgeschlechtlichen Partnern. Da der Vertrag aber vor Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes geschlossen wurde, müsse im Einzelfall geklärt werden, ob durch die Gleichstellung des Lebenspartners in Form einer Witwenrente dem Versicherer ein kalkulatorischer Nachteil entstehe. Bei privaten Rentenversicherungsverträgen, die nach dem Jahr 2005 abgeschlossen wurden, sollte diese Problematik nicht mehr bestehen.