Patchwork heißt zu Deutsch so viel wie „Flickenteppich“. Das Wort kennzeichnet die Situation, in der die Lebens- oder Ehepartner meist ein Kind aus einer früheren Beziehung in die neue Partnerschaft einbringen. Auch wenn die Bezeichnung einen vielleicht abwertenden Eindruck hervorruft, liegt es in der Verantwortung der Partnerinnen oder Partner, die eigene Lebenssituation so zu gestalten, dass alle zufrieden sind. Gerade an Feiertagen wie Ostern sind Patchwork-Familien gefordert.
Zu Zeiten von Corona dürfte die Herausforderung um einen zusätzlichen Faktor erhöht daherkommen. Patchwork oder Flickenteppich könnten Sie auch so interpretieren, dass Ihre Aufgabe darin bestehen muss, alle Flicken so zusammenzufügen, dass sich daraus eine Einheit bildet. Vielleicht sind gerade die Ostertage eine Grundlage dafür, dass es tatsächlich gelingt.
Alle mit jedem? Problem erkannt.
Feiertage schaffen oft das Problem, dass die Familie auf engstem Raum miteinander auskommen muss. Oft ist die Herausforderung groß. Zu Zeiten von Corona potenziert sich die Herausforderung auch noch dadurch, dass ein Kontaktverbot mit Dritten besteht und die Familie die eigene Wohnung nur noch aus wirklich triftigen Gründen verlassen darf.
Immerhin: Das Kontaktverbot betrifft nicht die Familienmitglieder, die Ihrem eigenen Hausstand angehören. Es geht nur darum, dass Sie den Kontakt mit Dritten außerhalb Ihrer Wohnung vermeiden.
Sie müssen also an Ostern damit klarkommen, dass Sie Ihre Patchwork-Familie und die vielleicht unterschiedlichen und teils auch gegensätzlichen Interessen der Familienmitglieder unter einem Hut versammeln müssen. Wenn Sie Ostern als Fest und zudem als ein Fest der Hoffnung verstehen, sind Sie jedenfalls auf einem guten Weg, die Herausforderung zu meistern. Dann sollte es auch gelingen, Reibereien zu tolerieren und die Toleranz an den Tag zu legen, die gerade in Patchwork-Familien Voraussetzung ist, um den Lebensalltag zu bewältigen.
Respektieren Sie die Flicken im Teppich
Leben Sie mit einer neuen Partnerin oder einem neuen Partner zusammen und bringt ein Partner ein Kind aus einer früheren Beziehung in Ihre neue Familie ein, fällt es Kindern oft schwer, den neuen Partner des Elternteils zu akzeptieren. Schwierig ist es vor allem dann, wenn der neue Elternteil als Ersatz für den anderen Elternteil präsentiert wird. Kinder haben oft die Sehnsucht, wieder in einer „richtigen“ Familie zu leben. Die Konfrontation mit einem neuen Partner macht oft schmerzhaft bewusst, dass die ursprüngliche Familie unwiederbringlich aufgelöst ist. Nicht jedes Kind schafft es gleich und sofort, sich mit der neuen Situation abzufinden.
Auch Ihre neue Partnerin oder Ihr neuer Partner könnte Schwierigkeiten haben, seiner Rolle als Stiefelternteil gerecht zu werden. Vor allem an Feiertagen wie Ostern oder Weihnachten, tritt die Situation verstärkt zu Tage. Das Bedürfnis nach einer heilen Welt überlagert die Fähigkeit, Kompromisse einzugehen und sich auf die neuen Lebensverhältnisse in einer Patchwork-Familie einzustellen.
Die Lösung kann nur darin bestehen, dass Sie nicht über Nacht erwarten dürfen, dass sich alles zu Ihrer Zufriedenheit einstellt. Jede Beziehung muss wachsen. Die Beziehung von Stiefeltern zu den Stiefkindern genauso wie die Beziehung von Stiefkindern zum Stiefelternteil. Respektieren Sie also die emotionalen Vorbehalte. Erwarten Sie nicht, dass die perfekte Beziehung als Überraschung im Osternest liegt.
Respektieren Sie auch das Umgangsrecht Ihres früheren Partners oder Partnerin
Leben Sie von dem anderen Elternteil Ihres Kindes getrennt, sollten Sie auch eingestehen, dass dieser Elternteil gerade auch an Ostern das emotionale Bedürfnis hat, zumindest den einen oder anderen Feiertag gemeinsam mit dem Kind zu verbringen. Sie sollten dieses Umgangsrecht zugestehen. Genauso hat auch Ihr gemeinsames Kind ein Umgangsrecht mit dem anderen Elternteil.
Berücksichtigen Sie, dass der auf das Umgangsrecht angewiesene Elternteil an derart emotional geprägten Tagen wie Ostern vielleicht besondere Schwierigkeiten hätte, wenn er auf sein Umgangsrecht verzichten müsste. Er oder sie müsste mit der Vorstellung klarkommen, dass das gemeinsame Kind in Ihrer Patchwork-Familie lebt, im Kontakt mit Ihrem neuen Partner oder Ihrer neuen Partnerin steht und man selbst vielleicht alleine zu Hause sitzt. Es versteht sich, dass es dann kaum einen größeren Wunsch geben dürfte, als das eigene Kind bei sich zu Hause begrüßen und versorgen zu dürfen.
Legen Elternteil oder Kind Wert auf das Umgangsrecht, sollten Sie nicht versuchen, das Umgangsrecht zu torpedieren. Auch Ihre Bedenken, der Umgang könnte das Infektionsrisiko für das Kind unnötigerweise erhöhen, ist noch kein Grund, das Umgangsrecht zu verweigern.
Sie dürften den Umgang als betreuender und damit sorgeberechtigter Elternteil allenfalls ablehnen, wenn Ihr Kind oder Sie selbst in Quarantäne leben oder Ihr Kind aufgrund seiner physischen Verhältnisse ein besonderes Risiko trägt, sich mit dem Virus zu infizieren. Auf jeden Fall hat der umgangsberechtigte Partner das gesetzlich verbriefte Recht, Ihr gemeinsames Kind bei Ihnen abzuholen und in seine eigene Wohnung zu verbringen. Es steht in der Verantwortung des anderen Elternteils, ob er oder sie das Umgangsrecht tatsächlich wahrnimmt oder im Hinblick auf die derzeitigen Gegebenheiten ausnahmsweise auf das Umgangsrecht verzichtet.
Idealfall: Teilen Sie die Feiertage auf
Umgangsregelungen beinhalten meist, dass ein Kind die Feiertage abwechselnd bei einem leiblichen Elternteil verbringt. Verbringt das Kind Ostern 2020 bei Ihnen, könnte es Weihnachten beim anderen Elternteil verbringen. In 2021 halten Sie es umgekehrt.
Wenn es die örtlichen Verhältnisse zulassen, könnten Sie auch die Osterfeiertage aufteilen, so dass das Kind Ostersonntag bei Ihnen und Ostermontag beim anderen Elternteil oder umgekehrt verbringt. So oder so: Ohne Kompromisse geht es nicht. Wenn Sie Kompromisse akzeptieren, wird sich auch Ihr Leben leichter gestalten. Es gibt dann nichts, was Sie unangemessen verteidigen müssten, da Sie davon ausgehen dürfen, dass Sie nicht angegriffen werden.
Notlösung: Digitale Kommunikation
Verständigen Sie sich darauf, das Umgangsrecht derzeit nicht wahrzunehmen, könnten Sie sich mit einer digitalen Kommunikation zufriedengeben. Sie könnten Ihr Kind über Skype oder WhatsApp kontaktieren und ihm auch auf diesem Weg frohe Ostern wünschen. Idealerweise verschieben Sie in Absprache mit dem anderen Elternteil Ihr Umgangsrecht auf einen späteren Zeitpunkt.
Wie auch immer
Legen Sie großen Wert auf gute familiäre Verhältnisse, stehen Sie an Ostern vor großen Herausforderungen, wenn Sie in einer Patchwork-Familie leben. Sie können es nicht jedem Familienmitglied recht machen. Die Lösung kann nur darin bestehen, dass Sie auch die Interessen des leiblichen Elternteils Ihres Kindes einbeziehen und Wege finden, dass auch dieses Interesse irgendwie bedient wird. Genauso müssen Sie berücksichtigen, dass Ihre neue Partnerin oder Ihr neuer Partner seine emotionale Welt auf die neuen Verhältnisse einstellen muss.
Wir wünschen Ihnen frohe Ostertage. Bleiben Sie und Ihre Patchwork-Familie gesund.