Umgangsrecht für Samenspender

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Mittwoch, 06.10.2021 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Stehen Sie vor der Frage, ob der leibliche Vater Ihres Kindes als Samenspender ein Umgangsrecht mit Ihrem Kind hat oder sind Sie selbst als Samenspender der leibliche Vater und wünschen Umgangsrecht mit dem Kind, sollten Sie die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) zum Umgangsrecht eines Samenspenders kennen. Das Umgangsrecht besteht nach der gesetzlichen Regelung jedenfalls dann, wenn der leibliche Vater ein ernsthaftes Interesse am Kind zeigt und der Umgang dem Kindeswohl dient.

Lebenspartnerinnen erfüllen sich Kinderwunsch mittels Samenspende

Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass dem Samenspender und damit dem leiblichen Vater eines Kindes ein Umgangsrecht zustehen kann (BGH, Beschluss vom 16.6.2021, Az. XII ZB 58/20). Grund war der Antrag eines Mannes, der nach einer Samenspende für ein gleichgeschlechtliches Paar leiblicher Vater eines Kindes wurde.

Zunächst hatte der Mann dem Wunsch der Mutter und ihrer Lebenspartnerin nach einer Adoption durch die Lebenspartnerin zugestimmt (Stiefkindadoption). Entscheidungserheblich war mithin, dass anfangs Umgangskontakte des Kindes mit dem leiblichen Vater bestanden, dann allerdings weniger wurden und schließlich ganz abgebrochen wurden. Als der Vater dann den Umgang wieder aufnehmen wollte, weigerten sich die beiden Mütter des Kindes, einem Umgangsrecht zuzustimmen.

Wie hat der Bundesgerichtshof über das Umgangsrecht bei Samenspende entschieden?

Der Bundesgerichtshof stand vor der Aufgabe, über den Sinn und Zweck einer bestehenden gesetzlichen Regelung zu entscheiden. Richtungsweisend an der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist, dass das Gericht die gesetzliche Regelung im Sinne der beiden Mütter interpretierte. Nach § 1686a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) habe der leibliche Vater eines Kindes nämlich ein Umgangsrecht, allerdings nur, „solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht“.

Aufgrund des Wortlautes der Vorschrift, die auf die Vaterschaft eines anderen Mannes abstellt, hatten die vorinstanzlichen Gerichte ein Umgangsrecht des Mannes abgelehnt, da infolge der Adoption durch die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerin der Mutter die Vaterschaft eines anderen Mannes eben nicht bestand. Die gesetzliche Regelung hat insoweit den Fall vor Augen, dass die Mutter mit einem Mann verheiratet und der Mann infolge der bestehenden Ehe rechtlicher Vater eines Kindes ist und allein aufgrund dieser gesetzlichen Unterstellung die Vaterschaft eines anderen Mannes feststeht.

Der Bundesgerichtshof stellte aber klar, dass zwischen der Stiefkindadoption eines Ehemanns der Kindesmutter und der Adoption durch die Lebenspartnerin der Kindesmutter einer gleichgeschlechtlichen Ehe kein Unterschied bestehe. Der Gesetzeswortlaut sei insoweit in diese Richtung zu interpretieren. In der Konsequenz komme deshalb die Vorschrift des § 1686a BGB zur Anwendung.

Was besagt die Vorschrift des § 1686a BGB?

Die Vorschrift des § 1686a BGB wurde per 1.7.2013 ins Gesetz eingefügt. Es geht darum, den biologischen leiblichen Vater eines Kindes,

  • der nicht mit der Mutter verheiratet ist
  • und auch die Vaterschaft nicht anerkennt hat
  • oder anerkennen kann,

unter bestimmten Voraussetzungen ein Umgangsrecht zu gewähren. Ist die Mutter verheiratet und adoptiert der Ehepartner das Kind, wird der Ehepartner als Stiefvater auch rechtlicher Vater des Kindes.

Dabei hat der Gesetzgeber nicht berücksichtigt, dass die Mutter auch in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft mit einer anderen Frau leben kann, die Frau biologisch betrachtet aber nicht Vater des Kindes sein kann. Sie ist allenfalls Stiefmutter. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.6.2021 kommt das Umgangsrecht des leiblichen Vaters (Samenspender) entgegen dem Wortlaut des § 1686a BGB nunmehr auch dann in Betracht, wenn die Mutter des Kindes mit einer Frau verheiratet ist oder mit der Frau in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt.

Was sind die Voraussetzungen für ein Umgangsrecht des Samenspenders?

Der leibliche Vater hat, - auch wenn er bloßer Samenspender ist, - ein Umgangsrecht, wenn er

  1. ein ernsthaftes Interesse an dem Kind zeigt und
  2. der Umgang mit dem Kindeswohl dient.

Dabei spielt auch eine Rolle, dass das Kind ein Interesse daran haben kann, woher es stammt und wer sein genetischer Vater ist. Allein der Umstand, dass die Mutter sowie die Adoptivmutter den Umgang nicht wünschen, kann dabei keine entscheidende Rolle spielen. Wollte man diese Verweigerungshaltung akzeptieren, liefe die Regelung des § 1686a BGB ins Leere, auch wenn der leibliche Vater als störend betrachtet werde.

Wichtig ist, dass das Interesse des leiblichen Vaters am Umgang mit dem Kind und das Kindeswohl miteinander abzuwägen sind. Die vom Umgang erwarteten Vorteile müssen die sich möglicherweise ergebenden Nachteile überwiegen. So könne der Umgang eines Kindes mit seinem leiblichen Elternteil, das bereits von einem Elternpaar (hier Mutter und Stiefmutter) betreut wird, dem Kindeswohl dienen, wenn es dadurch eine Beziehung zu einer außerhalb seiner sozialen Familie stehenden Person entwickeln kann. Die aufgrund des Umgangs entstehende Beziehung könne dem Kind helfen, sich über seine Familienverhältnisse klar zu werden sowie Fragen zu beantworten, die die eigene Herkunft betreffen (so OLG Brandenburg, Beschluss vom 24.1.2018, Az. 13 WF 303/17).

Leiblicher Vater muss ernsthaftes Interesse haben

Früher war es so, dass der leibliche Vater nur dann gegen den Willen der Mutter und des rechtlichen Vaters oder neuerdings der rechtlichen Mutter einen Kontakt mit dem Kind erzwingen konnte, wenn er bereits eine enge persönliche Beziehung zum Kind aufgebaut hatte. Soweit der Vater bis dahin keinen Zugang zum Kind hatte, war es ihm schlicht so gut wie nicht möglich, diesen Kontakt herzustellen.

Für das Umgangsrecht des leiblichen Vaters kommt es nun aber nicht mehr darauf an, dass bereits eine enge Beziehung zum Kind besteht. Entscheidend ist allein, ob der leibliche Vater durch sein Verhalten zeigt, dass er tatsächlich Verantwortung für das Kind übernehmen möchte und ob der Umgang mit dem leiblichen Vater dem Wohl des Kindes dient. Im Fall des Bundesgerichtshofes kam in positiver Weise dazu, dass der leibliche Vater bereits ein Umgangsrecht mit dem Kind wahrgenommen hatte, auch wenn er dieses zwischenzeitlich aufgegeben hatte oder vielleicht aufgeben musste. Entscheidend kommt es auf das Verhalten ab dem Zeitpunkt an, an dem der leibliche Vater Kenntnis von seiner Vaterschaft erlangt hat.

Als Indizien kommen in Betracht:

  • Interesse am Ergebnis ärztlicher Untersuchungen,
  • der Wunsch, die Mutter zur Entbindung zu begleiten
  • und das Kind persönlich kennenzulernen,
  • Kontaktbemühungen nach der Geburt
  • und die Bereitschaft, Verantwortung persönlicher oder finanzieller Art zu übernehmen.

 

GUT ZU WISSEN

Keine Unterhaltspflicht

Dem Umgangsrecht des leiblichen Vaters (Samenspender) stehen jedoch keinerlei Pflichten gegenüber. Insbesondere ist er dem Kind gegenüber nicht unterhaltspflichtig. Zugleich wird auf dem Kind zumindest nach der Vorschrift des § 1686a BGB kein Recht auf Umgang mit dem leiblichen Vater eingeräumt.

Wie ist das Kindeswohl zu bewerten?

Das Interesse des Vaters am Umgang mit dem Kind genügt allein nicht. Der Umgang setzt immer voraus, dass der Umgang dem Wohl des Kindes dient. Dazu kommt es auf

  • die Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsfindung des Kindes an,
  • dessen Alter,
  • seine eventuelle seelische Belastung und Verunsicherung,
  • die Bindung zu seinen sozialen Eltern
  • und die Stabilität und Belastbarkeit der Familie.

Auch das Konfliktniveau der beteiligten Erwachsenen und sich daraus ergebende Gefahr eines Loyalitätskonflikts für das Kind spielen eine Rolle. Genauso ist die Dauer der Kenntnis von der Existenz des leiblichen Vaters und ob und inwieweit bereits Kontakt zum Vater bestanden hat, sind zu berücksichtigen. Würde ein Umgangsrecht jedoch einen intakten Familienverband zerstören, wird oft das Kindeswohl das Interesse am Umgang überwiegen (OLG Bamberg FamRZ 2013, 710).

Hat das Kind bereits eine enge Bindung zum leiblichen Vater entwickelt, kommt dem leiblichen Vater zusätzlich noch die Vorschrift des § 1626 III S. 2 BGB zugute. Dort heißt es, dass der Umgang mit beiden Elternteilen im Regelfall dem Wohl des Kindes dient. Dies gilt auch für den Umgang mit anderen Personen (leiblicher Vater), zu denen das Kind Bindungen besitzt, deren Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich sind.

Alles in allem

Leben Sie in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft mit einer Frau und erfüllen sich Ihren Kinderwunsch durch eine Samenspende, sollten Sie darauf achten, dass der Samenspender ausdrücklich erklärt, auf ein eventuell bestehendes Umgangsrecht zu verzichten. Allein der Umstand, dass der Samenspender in die Adoption des Kindes durch den Stiefelternteil eingewilligt hat, schließt sein Umgangsrecht nicht wirklich aus (so BGH). Nicht zuletzt sollten Sie als betreuender Elternteil berücksichtigen, dass ein Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit früher oder später die Frage stellen wird, woher es stammt und welche Person der zweite leibliche Elternteil ist. Möchten Sie die sich daraus eventuell ergebenden Probleme soweit als möglich vermeiden, sollten Sie alles daran setzen, Ihr Kind in einer möglichst intakten Partnerschaft aufzuziehen.

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